Ostseeküste: Aktionsplan Ostseeschutz ersetzt Nationalpark-Pläne

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In ausgewiesenen Schutzgebieten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste soll die Nutzung teilweise eingeschränkt werden. Weitere Maßnahmen sollen den Zustand der stark belasteten Ostsee verbessern und im Einklang mit den Betroffenen weiterentwickelt werden. Das umstrittene Thema Nationalpark ist damit erstmal vom Tisch. (Quelle: Umweltministerium SH)
Auch in Zukunft sollen die Ostseehäfen erreichbar, und der Boots- und Wassersport an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste möglich sein. (Foto: Symbolbild / C. Schneider)

Die Pläne der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung, weite Teile der Ostseeküste des Landes als Nationalpark auszuweisen und die Nutzung zahlreicher Küstenabschnitte zu verbieten stieß auf große öffentliche Kritik. Zahlreiche Ostseeanlieger, Verbände und Interessengruppen befürchteten, in Zukunft ausgesperrt zu werden bis zum Verlust der Existenzgrundlage. Dabei stand die Notwendigkeit, die Ostsee besser zu schützen nicht zur Debatte, und wurde u.a. auch vom DMYV befürwortet.

Auch der Deutsche Motoryachtverband und der Landesverband Motorbootsport Schleswig-Holstein waren unter dem Dach des Landessportverbandes Schleswig-Holstein zusammen mit anderen Verbänden an der Diskussion beteiligt und haben Ihre Anliegen eingebracht.

Jetzt hat die Landesregierung auf die Kritik reagiert. Mit einem 16-Punkte Aktionsplan Ostseeschutz 2030 soll die Ostsee besser geschützt werden und die Interessen der Betroffenen sollen gewahrt werden. Hierbei sollen auch die Beteiligten weiter einebunden werden, um gemeinsame Lösungsansätz zum Schutz der Ostsee zu entwickeln.

Effektive marine Schutzgebiete

Die Landesregierung wird 12,5 % der schleswig-holsteinischen Ostsee unter strengen Schutz stellen. Damit werden erstmals echte Ruhe- und Rückzugsorte für eine europaweit einzigartige Pflanzen- und Tierwelt geschaffen. Dazu wird sie drei marine Naturschutzgebiete einrichten. Deren Flächen belaufen sich auf 7,94 % der Ostseefläche Schleswig-Holsteins. Die Naturschutzgebiete befinden sich im Gebiet Schlei bis Gelting, im Gebiet südliche Hohwachter Bucht und im Gebiet westlich Fehmarn.

Zudem erhalten drei bestehende Natura 2000-Gebiete einen strengeren Schutzstatus. Diese Flächen machen 4,57 % der Ostseefläche Schleswig-Holsteins aus. Die streng geschützten Teilflächen der Natura 2000-Gebiete befinden sich in den Bereichen Sagasbank, Stoller Grund und in der Geltinger Bucht.

Für die drei Naturschutzgebiete wird eine Befahrensverordnung beim Bundesverkehrsministerium beantragt.

Die Befahrensverordnung soll folgende Punkte regeln:

  • Geschwindigkeitsbeschränkungen für motorisierte Wasserfahrzeuge, z. B. von Speedbooten, und mit Ausnahmen für Wasserschutz und Wasserrettung
  • Befahrensregelungen von November bis Ende März für Wasserfahrzeuge bzw. Wassersportgeräte aller Art zum Schutz von Rastvögeln außerhalb der für Wassersport vorgesehenen Zonen
  • Kein Ankern in Seegraswiesen
  • Wasserschutz und Wasserrettung sind davon ausgenommen
  • Alle/ sämtliche Häfen sind ganzjährig wasserseitig erreichbar
  • In allen streng geschützten Gebieten erfolgt der Ausschluss jeglicher Fischerei (aktive und passive Fanggeräte) einschließlich der Freizeitfischerei (ausgenommen hiervon ist das Strandangeln)

 

Aktive Maßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität der Ostsee

In der gesamten schleswig-holsteinischen Ostsee sollen weitergehende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Die Schaffung von weiteren Riffstrukturen, das Anlegen von Seegraswiesen, Muschelbänken sowie die Wiederherstellung von Küstenlagunen und naturnahen Küstenabschnitten.
  • Außerhalb der streng geschützten Gebiete wird eine verpflichtende Evaluierung der bestehenden freiwilligen Vereinbarung zur Stellnetzfischerei inkl. Monitoring, Dokumentation und Erfolgskontrolle eingeführt.
  • Die Industriefischerei in schleswig-holsteinischen Ostseegewässern wird verboten.
  • Effektives Schutzgebietsmanagement und Bildungsarbeit

 

Die Landesregierungverspricht zudem, zur Effektivierung des Schutzgebietsmanagements und der Bildungsarbeit folgende Maßnahmen ergreifen:

Eine Integrierte Station Ostsee soll eingerichtet werden, die die Naturschutzarbeit, auch für die Meeresschutzgebiete, koordiniert und zusätzlich Tourismus, Umweltbildung und Umweltschutz miteinander verknüpft und erlebbar macht. Sie soll sich um die Naturschutzaufgaben im nicht kommunalisierten Bereich kümmern. Die Zuständigkeiten der Naturschutzbehörden bleiben unverändert. Sie wird den Auf- und Ausbau von Bildungs- und Informationsangeboten an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste vorantreiben und dabei die Schaffung eines zentral koordinierten und strukturierten Netzes an Umweltbildungs- und Informationseinrichtungen sowie Naturerlebnisangeboten an der Ostsee etablieren.

Reduzierung der Nährstoffeinträge

Zur Verringerung der Nährstoffeinträge in die Ostsee will die Landesregierung zudem die Nährstoffeinträge weiter reduzieren:

  • Die Maßnahmen der Düngeverordnung leisten bereits jetzt einen großen Beitrag zur Reduktion von Nährstoffeinträgen. Durch eine Effektivierung der Kontrollen soll die Umsetzung der Düngeverordnung 2020 noch besser gewährleistet werden. Zudem wird die Gewässerschutzberatung für die Landwirtschaft flächendeckend fortgesetzt und ausgebaut.
  • Bis Ende 2024 soll unter wissenschaftlicher Begleitung Zielvereinbarungen für zusätzliche Maßnahmen mit der Landwirtschaft geschlossen werden, um die in die Ostsee eingeleiteten Phosphor- und Stickstofffrachten kurzfristig, d. h. bis zum Jahr 2030, um 10 % und mittelfristig, d. h. bis zum Jahr 2035, um weitere 10 % zu senken. Teil der Zielvereinbarungen sind zu entwickelnde Vertragsmodelle, um die Landwirtschaft bei ihren Anstrengungen zur Reduzierung der Nährstoffein- träge in die Ostsee zu unterstützen,
  • Die Förderung der Phosphatfällung und Stickstoffeliminierung an Kläranlagen soll fortgeführt und erweitert werden und die Umsetzung der neuen Kommunalabwasserrichtlinie begleiten,
  • Der Stoffrückhalt in der Landschaft durch die Wiederherstellung von Feuchtgebieten, Auen und naturnahen Fließgewässern sowie Neuwaldbildung sowie ein Dränteich- und Ackersenkenprogramm soll verbesserntund damit die Nährstoffeinträge in die Ostsee reduziert werden.

 

Bergung von Altlasten und Müll

Die Landesregierung will auch die Belastung durch Altlasten und Müll aktiv angehen. Dazu will sie

  • die Bergung der Munitionsaltlasten in der schleswig-holsteinischen Ostsee auf Basis eines mit dem Bund und Mecklenburg-Vorpommern abgestimmten Handlungskonzeptes systematisch angehen und eine fairen Beitrag an den dafür erforderlichen finanziellen Mitteln leisten,
  • eine Spendenplattform einrichten, die es Privatpersonen, Sponsoren und vor allem auch der Tourismuswirtschaft und ihren Gästen ermöglicht, selbst einen fairen Beitrag zur Bergung der Munitionsaltlasten in Schleswig-Holstein zu leisten,
  • ein Projekt zum Aufspüren und Bergen von verloren gegangenen Fischereigeräten (sog. Geisternetzen) in den schleswig-holsteinischen Küstengewässern der Ostsee unterstützen.

 

Einbindung aller Beteiligten

Durch kooperative Ansätze werden wichtige Akteure in den Schutz der Ostsee eingebunden.

Dazu will die Landesregierung:

  • die Einbindung und das Engagement lokaler Akteure, wie Kommunen, Touristiker, Wassersportler, Landnutzenden, Unternehmen sowie deren Verbände und Kammern durch ein Partnerprogramm stärken und damit ein umfassendes Bewusstsein für den Schutz und die Erhaltung der Ostsee fördern,
  • die Umsetzung des Aktionsplans Ostseeschutz 2030 durch einen wissenschaftlichen Beirat begleiten lassen, um diese Expertise noch enger einzubinden.

 

www.lsv-sh.de

www.schleswig-holstein.de 

 


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